Auf Augenhöhe
Wie ich dich sehe
Wenn wir mit kleinen Kindern sprechen, gehen wir, fast automatisch, in die Hocke. So sind wir im besten Sinne des Wortes auf Augenhöhe und verhindern, räumlich gesehen, eine Kommunikation von oben herab. Das ist ein erster guter Schritt.
Auch in Gesprächen mit Kolleg:innen, Mitarbeiter:innen, Führungskräften und Kund:innen empfinden wir die räumliche Augenhöhe oft als angenehm. Es spricht sich einfach besser.
Auf Augenhöhe miteinander kommunizieren und umgehen, meint mehr. Entscheidend ist unsere innere Einstellung gegenüber unseren Gesprächspartner:innen.
Viele unserer Gespräche, privat und geschäftlich, laufen auf Augenhöhe, ohne dass wir uns damit bewusst auseinandersetzen. Das vereinfacht unsere Kommunikation, macht sie schnell und entspannt.
In den letzten Jahren hat Auf Augenhöhe miteinander kommunizieren und umgehen Einzug in zahlreiche Führungs- und Kommunikationsleitlinien in Unternehmen gehalten. Toll, wenn dieser Punkt umgesetzt, ein Nichteinhalten bemerkt, angesprochen und geändert wird. Auf allen Hierarchieebenen.
Laut Duden steht „auf gleicher Augenhöhe für gleichberechtigt, gleichwertig: mit jemandem auf Augenhöhe verhandeln, diskutieren, verkehren.“
Aus meiner Sicht ein sehr guter Einstieg: Unabhängig von Beruf, Alter, Aussehen, Position und Hierarchiestufe, von Status, Bildung, Intelligenz, Geschlecht und weiteren Faktoren,
erlebe ich den Menschen mir gegenüber und mich auf einer Ebene.
Ich kenne meine Stärken und nutze diese, ich kenne meine Schwächen und gehe mit diesen offen um, ich kenne meine Gefühle und kann diese, in gewissen Grenzen, steuern. Ich akzeptiere mich. All diese Punkte gestehe ich auch meinem Gegenüber zu. Mein Gegenüber hat Stärken, Schwächen und zeigt Emotionen. Dabei geht es nicht um eine Bewertung wie großartige Stärke, leichte Schwäche oder überbordende Emotionen. Es geht darum, den Menschen mir gegenüber so zu akzeptieren, wie er gerade ist, wie er sich jetzt in dieser Situation zeigt.
Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass ich alles, was mein Gegenüber äußert/macht, gut finden oder hinnehmen muss. Den Menschen uns gegenüber so anzunehmen, wie er ist, ist die Basis für eine Kommunikation und einen Umgang auf Augenhöhe, weder über- noch unterlegen.
Auf Augenhöhe zu kommunizieren und miteinander umzugehen ist uns ein inneres Bedürfnis. Allerdings nicht immer. Wenn unsere Werte oder Motive nicht beachtet werden, kann das in uns negative Gefühle auslösen. Wenn uns beispielsweise Pünktlichkeit sehr wichtig ist und unser:e Gesprächspartner:in zu fast jedem Treffen zu spät kommt, ärgern wir uns, sind genervt, frustriert oder erleben ein anderes negatives Gefühl. Das zeigt sich deutlich in unserer Kommunikation. Jetzt kann es passieren, dass wir die Augenhöhe zu unserem Gegenüber verlassen. „Mein Gott, kannst du einmal pünktlich sein?! So schwer ist das nun wirklich nicht!“ So klingt es vielleicht aus der überlegen gefühlten Position. Aus der unterlegenen nehmen wir das Zuspätkommen möglicherweise einfach hin und hadern mit uns im Stillen. Natürlich ist auch eine Reaktion auf Augenhöhe möglich.
Im ersten Schritt überlege ich mir, wie wichtig mir das Thema ist; also in diesem Beispiel: Wie wichtig ist mir, dass mein:e Gesprächspartner:in pünktlich ist? Ziel ist es, eine Entscheidung zu treffen: Kann und will ich mit der Verhaltensweise leben oder wünsche ich mir eine Veränderung meines Gegenübers? Wenn es mir nicht so wichtig ist, sollte ich mich mit dem Thema nicht mehr beschäftigen.
Ist das Thema mir sehr wichtig, spreche ich es an. Das mache ich, wenn möglich, zeitnah, um die entstehenden negativen Gefühle nicht zu groß werden zu lassen.
Eine Möglichkeit:
„XY, mir ist es sehr wichtig, dass wir pünktlich starten. Meine Bitte an dich: Lass uns in Zukunft zur vereinbarten Zeit beginnen. Okay?“
Einige weitere Beispiele
Hinweis: Bitte stellen Sie sich beim Lesen der Beispiele eine Unterstützung der Worte durch Betonung, genervtes Augenrollen und andere Parameter der paraverbalen und nonverbalen Kommunikation vor.
Unter Kolleg:innen
Am Empfang eines großen Unternehmens arbeiten mehrere Mitarbeiter:innen. Während einer Kaffeepause sagt die eine Mitarbeiterin, die seit knapp 12 Monaten im Unternehmen tätig ist: „Ich bin froh, mich inzwischen so gut eingearbeitet zu haben. Die vielen verschiedenen Abteilungen, die unterschiedlichen Ansprechpartner:innen und Aufgabenbereiche; es war nicht einfach, sich dabei zurechtzufinden.“
Eine andere langjährige Kollegin reagiert darauf:
Überlegen „Das war ja auch einfach. Als ich hier anfing, gab es gar nichts. Schließlich habe ich den Leitfaden mit den Abteilungen und Ansprechpartner:innen aufgestellt. Damit kann es jede.“
Auf Augenhöhe „Ich weiß, was du meinst. Mir ging es vor einigen Jahren ähnlich. Deshalb habe ich den Leitfaden aufgestellt.“
Unterlegen „Ja, super. Ich habe den Leitfaden zwar aufgestellt, aber du kommst besser mit allem zurecht als ich. Ich lerne das nie richtig.“
Führungskraft und Assistentin
Eine Führungskraft hat vor allen Mitarbeiter:innen der Abteilung die neue Struktur mit Hilfe eine PowerPoint-Präsentation erklärt. Da kommen einige Veränderungen auf die Mitarbeiter:innen zu und es gab auch deutliche Einwände und Unmutsbekundungen.
Am Nachmittag spricht die Assistentin die Führungskraft an: „Herr/Frau XY, es haben sich einige Rechtschreibfehler in die Präsentation eingeschlichen. Soll ich die schnell korrigieren?“
Überlegen „Ach, das haben Sie bemerkt? Darauf kommt es nun wirklich nicht an! Ist Ihnen klar geworden, worum es wirklich geht?“
Auf Augenhöhe „Oh, gerne! Und vielen Dank für den Hinweis.“
Unterlegen „Das ist ja wieder typisch für mich. Ich lerne es nie, richtig zu schreiben.“
erlebe ich den Menschen mir gegenüber und mich auf einer Ebene.
Die Basis für ein gutes Miteinander
Auf Augenhöhe mit Jemandem zu sein, ist der Ausgangspunkt für gute Gespräche, fruchtbare Diskussionen und erfolgreiche Verhandlungen.
Natürlich reicht das nicht aus. Wir brauchen, zusätzlich zu unserer positiven Einstellung Menschen gegenüber, Gesprächstechniken und Methoden der Kommunikation. Ein hervorragendes und leider zu selten genutztes Tool sind die verschiedenen Fragearten. Sie beleben unsere Gespräche, beugen Missverständnissen vor, liefern Informationen und Antworten, auf deren Basis wir gemeinsam vorankommen.
Ich denke ebenso an die vielen kleinen Tipps für eine gute Kommunikation, die so selbstverständlich klingen und doch nicht ausreichend von uns genutzt werden wie: sich Zeit zu nehmen, echtes Interesse an unserem Gegenüber zu zeigen, Offenheit für die Antworten und Argumente unserer Gesprächspartner:innen zu haben u. v. m.
Auf Augenhöhe kommunizieren und miteinander umgehen ist ein großes und sehr spannendes Thema mit zahlreichen Möglichkeiten, Chancen und Tipps. Lassen Sie uns gemeinsam in diese Welt eintauchen. Im November starte ich ein Web-Seminar mit dem Titel: Warum viele Gespräche gut laufen und einige nicht
Schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an, damit wir gemeinsam Ihren Weg in eine Kommunikation auf Augenhöhe auch für kritische Situationen gestalten können.
Ich freue mich von Ihnen zu lesen oder zu hören.
Herzliche Grüße
Cornelia Dill