Fragen in der Führung

Fragen und Persönlichkeit

In Führungskräfte-Seminaren lernen wir, wie wichtig Fragen in der Führung sind. Fragen sind ein wirkungsvolles Mittel, um Informationen zu bekommen und unser Wissen zu erweitern. Fragen zu stellen, hat nichts mit Unwissenheit oder Schwäche zu tun. Mit den richtigen Fragen leiten und führen wir ein Gespräch. 

Gerade in Gesprächen mit Mitarbeitenden sind Fragen ein wertvolles Werkzeug. Oft interpretieren wir Verhaltensweisen, denken, dass wir wissen, was in unserem Gegenüber vorgeht. Dabei wird häufig viel kaputtgemacht. Also: Besser ist es, zu fragen, als von einer vielleicht falschen oder unvollständigen Annahme auszugehen.

Um mit unseren Fragen erfolgreich zu sein, reicht es nicht aus, eine Frage an die nächste zu reihen. Wir benötigen ein Gespür für unser Gegenüber, für die passende Situation und den Kontext. 

Die Art und Weise, wie wir welche Fragen stellen und unsere Persönlichkeit sind eng miteinander verknüpft. Als dominante Persönlichkeit stellen wir unsere Fragen vielleicht mit mehr Nachdruck als zurückhaltende Menschen. Mit der Frage schwingt mitunter die erwartete Antwort über die Betonung und die Körpersprache mit. Sehr sachlich und rational orientierte Führungskräfte vermeiden eher die Fragen mit persönlichem Hintergrund, die Fragen nach Werten, Motiven und Gefühlen. 

 

Fragen sinnvoll nutzen

Besonders als Führungskraft brauche ich ein umfassendes Repertoire an verschiedenen Fragen.

Uns allen bekannt sind die geschlossene und die offene Frage. Die geschlossene Frage eignet sich, um eine Entscheidung herbeizuführen oder eine Bestätigung einzuholen. 

Ein Beispiel

Das Meeting ist für 09.00 Uhr anberaumt. Es ist Punkt neun, die Teilnehmenden sind vor Ort. Einige unterhalten sich in kleinen Gruppen, andere telefonieren oder beantworten noch schnell eine E-Mail. Unsere Frage lautet: „Wollen wir starten?“ Klingt einfach. Mit dieser Frage verbinden wir häufig eine Erwartung - in diesem Beispiel ein klares Ja. Die Teilnehmenden sollen sich möglichst schnell auf ihre Plätze begeben, alle Aktivitäten einstellen und ihre Aufmerksamkeit auf uns und das Meeting richten. Wenn das passiert, ist alles okay. 

Wenn nicht, kann es zu Missstimmungen kommen. Die Frage ist an dieser Stelle nicht das passende Werkzeug. Besser ist ein klarer Appell. „Lasst uns starten!“

An diesem einfachen Beispiel erkennen wir, wie wichtig es ist, das passende kommunikative Werkzeug auszuwählen. 

 

Offenheit für die Antwort

Einer der wichtigsten Aspekte beim Fragenstellen ist aus meiner Sicht unsere Offenheit für die Antwort. Wenn Sie eine Frage stellen, seien Sie offen für die Antwort!

Ein Beispiel

„Haben Sie kurz Zeit?“ Eine eher dominante Führungskraft erwartet ein JA, eine sensiblere hofft auf ein JA. Noch deutlicher wird es, wenn die Antwort lautet: „Im Moment ist es eher schlecht.“ Da können weitere Fragen folgen: „Wieso? Was machen Sie denn so wichtiges?“ 

Weniger bestimmende Menschen werden ein verpacktes NEIN leichter akzeptieren.

Das gilt auch für offene Fragen. Offene Fragen eröffnen eine Sichtweise und geben Raum für einen Dialog. Sie ergeben ein breites Spektrum an Antwortmöglichkeiten. Man erfährt etwas über die Wünsche und Meinungen der Gesprächspartnerin bzw. des Gesprächspartners. Offene Fragen, gut gestellt, fördern die Beziehung zwischen uns und den Mitarbeitenden.

            

Echtes Interesse an der Antwort 

Typische offene oder auch als W-Fragen bekannte Fragen sind: „Wer außer Ihnen ist noch involviert?“, „Was ist Ihnen besonders wichtig?“, „Wie wollen Sie vorgehen?“

Auch bei offenen Fragen sind einige Punkte zu beachten. Nutzen Sie offene Fragen und haben Sie echtes Interesse an der Antwort. Mitunter werden wir überrascht sein, was unsere Gesprächspartnerin oder unser Gesprächspartner antwortet. Je besser wir unsere Mitarbeitenden kennen, desto weniger Erstaunen wird es geben.

Noch ein Tipp für Fragen, die mit WARUM beginnen. Nutzen Sie diese möglichst sparsam, da sie von der Gesprächspartnerin bzw. vom Gesprächspartner häufig als Aufforderung zur Rechtfertigung erlebt wird. Dies gilt besonders bei der Kombination aus WARUM und NICHT.

Ein Beispiel

„WARUM haben Sie sich NICHT früher gemeldet?“

Diese Form von Fragen erinnert uns oft an unbequeme Fragen aus der unserer Kindheit: „WARUM hast du den Müll NICHT rausgebracht?“ oder „WARUM hast du dein Zimmer NICHT aufgeräumt?“, „WARUM hast du deine Hausaufgaben NICHT gemacht?“

Diese Erinnerungen wollen wir lieber nicht aufleben lassen.                         

 

Die richtige Anzahl an Fragen

Ja, wer fragt, führt. Allgemein stellen wir zu wenige Fragen. Es gibt auch ein zu viel. Wenn wir die Fragen überfallartig nacheinander abspulen, kann leicht der Eindruck eines Verhörs entstehen. Wann haben Sie das wie, mit wem und welchem Ziel geplant? Das klingt schon unangenehm.

 

Weitere sinnvolle Frageformen 

Ich möchte Ihnen, besonders als Führungskraft, weitere Frageformen ans Herz legen. Dazu gehört die skalierende Frage.

Die skalierende Frage lässt uns wenig messbare Aspekte, wie zum Beispiel Gefühle oder Erfolge, einordnen.

Ein Beispiel

„Wie ist das Gespräch gelaufen?“ Die Antwort: „Gut!“

Damit haben wir zumindest einen Anhaltspunkt zum Gesprächsverlauf. Konkreter wird es mit einer skalierenden Frage: „Wie gut ist das Gespräch gelaufen auf einer Skala von 0-10?“ 

Wenn die Antwort jetzt „Gut, eine 8.“ lautet, haben wir eine konkrete Einordnung. Und einen guten Aufhänger für weiterführende Fragen.

„Prima. Was hat besonders gut geklappt?“ „Was können Sie beim nächsten Mal noch besser machen?“

Manchmal laufen sich Gespräche fest. Dann kann uns eine hypothetische Frage helfen. Sie klären Möglichkeiten und erlauben Einblicke in Denkweisen und Hintergründe. Oft beginnen sie mit: „Einmal angenommen, Sie hätten im Lotto gewonnen …“ Wir alle haben uns diese Frage schon einmal gestellt und wissen um die Kreativität bei der Beantwortung. 

 

Ein Beispiel 

„Einmal angenommen, Sie könnten das Projekt vollständig nach Ihren Ideen planen: Wie würden Sie vorgehen?“

Hören Sie zu und unterbrechen Sie Ihr Gegenüber nicht. Vermeiden Sie unbedingt destruktive Äußerungen wie: „Na, das ist ja nun wirklich unmöglich!“

Zirkuläre Fragen beabsichtigen einen Perspektivwechsel. Ziel ist es, unsere Gesprächspartnerin oder unseren Gesprächspartner, das eigene Verhalten und die eigenen Absichten aus der Sicht Anderer, zum Beispiel des Teams, zu betrachten. 

„Was glauben Sie, wie schätzen Ihre Kolleginnen und Kollegen Ihre Art und Weise im Meeting aufzutreten, ein?“

Auf eine Frage mit einer Frage zu antworten, gilt als unhöflich. Manchmal nutze ich die Gegenfrage: „Was ist der Hintergrund Ihrer Frage?“, wenn mir die Gesprächsrichtung nicht ganz klar ist oder zu persönlich erscheint.

Es gibt viele weitere Frageformen. Denken Sie an die Alternativfragen, rhetorische Fragen, ziel- und ressourcenorientierte Fragen und weitere. Warnen möchte ich Sie vor der Suggestivfrage: „Sie wollen doch auch viel Geld verdienen, oder?“. Die Suggestivfrage beinhaltet bereits die Antwort und wird wegen der vermuteten Manipulation nicht geschätzt.

Noch ein paar Tipps zum Fragenstellen

Hören Sie gut zu, was Ihr Gegenüber Ihnen auf Ihre Fragen antwortet.

Kündigen Sie Ihre Frage/n an und begründen Sie Ihren Weg. „Ich habe ein paar Fragen zum allgemeinen Projektstand. Ziel ist es, mir ein aktuelles Bild zu machen.“ Damit erkennt Ihr Gegenüber die Richtung des Gespräches und wird Ihnen die Antworten entspannter geben.

Beantworten Sie Ihre Fragen nicht selbst. Geben Sie Ihrer Gesprächspartnerin bzw. Ihrem Gesprächspartner Zeit zum Überlegen und seien Sie geduldig.

Fragen Sie Ihr Gegenüber, ob eine Frage erlaubt ist. Das gilt für besondere Situationen: „Darf ich Sie fragen, wie es Ihnen jetzt nach dem Unfall geht?“

Achten Sie auf Ihre Stimme, besonders die Betonung und Ihre Körpersprache. Reflektieren und optimieren Sie Ihre Frage-Kompetenz.

Wenn Sie dafür Unterstützung suchen oder Fragen haben, schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an. Ich bin gerne für Sie da.

 

Herzliche Grüße

Ihre Cornelia Dill